Konstruktion von Streitkolben mit Holzschäftung im 14. Jahrhundert ein Projekt im Living History

Konstruktion von Streitkolben mit Holzschäftung im 14. Jahrhundert ein Projekt im Living History

 

 

 

  1. Einleitung

slegel, schlegel oder schlägel, bludgeon, herhamer, Clava, Bludgeon, tinel (franz.), so und oft noch anders genannt findet man den Streitkolben in Quellen benannt.

Mich interessierte wie Streitkolben gebaut waren, so machte ich mich auf die Suche nach Funden und Abbildungen in meiner Zeitstellung ca. Mitte 14. Jahrhundert.

Es war schnell klar, daß es diese Waffen aus Bronze oder Eisen gefertigt und an einem Holzschaft angebracht waren. Das war einfach! 😊 dachte ich!

Wie immer kamen da die nächsten Fragen auf, was ich an meinem Hobby so liebe.

  • Bronze? Messing? Kupfermischlegierung?
  • Eisen/Stahl/Gusseisen? Guss oder geschmiedet/geschweißt?
    • Fertigung
  • Befestigung am Holzschaft?
    • Nur Holzschäfte? Ja, nein?!
  • Reiterwaffe oder auch Verwendung durch Infantrie?!
  • Quellen?

Man sieht schnell, diese doch recht einfache Waffe ist dann am Ende doch gar nicht so einfach zu erfassen.

Ich konzentrierte mich auf den Zeitraum des 14. Jahrhunderts (meine Zeitstellung, eigentlich 1349-1362), da gerade am Ende des 14. Im Übergang zum 15. Jahrhundert massenhaft Änderungen gab, die ich kaum übersehen konnte, weiter auch nur Formen des SK mit Schlagdornen (pyramidenförmigen Dornen etc.), also ohne die aufkommende Form mit Schlagblättern und ohne Metallschäftung! Da wird es übersichtlicher und einfacher, so dachte ich.

Aber mal zum Anfang:

Der Streitkolben ist eine Weiterentwicklung der guten alten Keule, dem dicken Stock, dem Knüppel, einer der ersten Waffen, die von Menschen benutzt worden sind.

Ich als Fan des „Blunt Force Trauma“ interessiere mich dafür, war diese Art Waffe doch erstmal gerne als unritterlich klassifiziert worden. In Frankreich war sie gar verpönt und erst als die Rüstungstechnik besser wurde fand ein Sinneswandel statt.

Recht vereinfacht ist der Streitkolben ein Stock mit einer zusätzlichen Masse am Ende, um die Schlagwirkung zu erhöhen. Das gab es z.B. in Form von Knüppeln

 

                                                                         

Quelle: Morgan Weltchronik M.769             Quelle Maciejowski Bibel                    Quelle: BL Royal 16 G VI Chroniques                                                                                                                                           de France ou de St Denis

Quelle: Ich (heute noch im Einsatz bei Wachleuten in Kenia)

Bereits in vorantiker Zeit wurden am Ende dickere Knüppel eingesetzt, später mit Steinköpfen versehen, Knüppel hohlgebohrt und mit Blei gefüllt etc.

Später waren dann Streitkolben aus metallenen Kolbenköpfen nachweisbar ( siehe Teppich von Bayeux als Beispiel).

In der angegebenen Zeit sind in den Quellen und Funden sowohl eiserne und bronzene Kolbenköpfe nachweisbar.

Soweit doch einfach, aber nun kamen noch mehr Fragen auf.

Quelle: BNF Français 782 Roman de Troie

Da fiel mir aber auch schon auf, dass bei den Funden mehrere Möglichkeiten gibt, wie Köpfe auf den Schaft montiert sind. Jaja…. Einfach….!

Was mich dazu brachte war eine Überlegung, die mir bei der Montage meines ersten Streitkolbens in den Sinn kam.

Hier wird der Schaft eingesägt, der metallene Kopf aufgesetzt und ein Holzkeil eingeschlagen, diese Art der Befestigung findet sich bei Äxten, Hämmern und anderen Werkzeugen heute noch.

Also frisch ans Werk, den Eschenholz-Schaft in Kopflänge dünner geraspelt, kreuzweise eingesägt, Kopf aufgesteckt und einen großen und zwei kleine Keile mit dem Holzhammer eingetrieben. Zusätzlich mit Knochenleim versehen.

Überstand der Keile abgesägt und es sitzt bombenfest.

War schon recht fest nachdem ich den breiteren Keil eingetrieben hatte, ich folgte aber der Anleitung von Tod, bzw ein paar Abbildungen ( nicht historisch bzw. Historismus des 19. Jhd‘s).

Nun kam mir die Frage in den Sinn, was passiert, wenn der hübsche Kolben mal nass wird, Stirnholz saugt Wasser, das Holz würde quellen.

Dem Gedanken folgend, dass die ja damals nicht doof waren, fragte ich mich, ob das so Sinn macht einen Ausrüstungsgegenstand ungeschützt den Naturgewalten auszusetzen, wenn man auf Feldzug, Wache oder anderen außerhäuslichen Aktivitäten nachgeht.

Gab es da eventuell etwas, was da gemacht wurde?

Ich habe versucht das Stirnholz mit Birkenpech zu versiegeln, sieht gut aus, splittert aber bei Benutzung zunehmend ab. Ob das A ist, kann ich leider nicht sagen.

Ich werde es dann zukünftig nochmal mit Ölen versuchen.

Mir kam die Idee, ohne Holzfachmann zu sein, ob man das Stirnholz mit Öl oder Pech behandelt haben könnte, fand aber nichts, was meine Meinung unterstützte.

Bis ich auf einen Fund gestoßen bin, der mich sehr neugierig machte.

Da sind am Fund Eisenreste geblieben, die wohl von einem Eisenkeil mit Art Nagelkopf herrühren (ein großer Eisennagel auf Steroiden?).

Vom Gewicht her macht die Eisenkrempe keinen Sinn, er ist auch fertigungstechnisch eher komplizierter und hat keinen Einfluss auf die Befestigung des Schaftes am Kopf, war Eisen nicht sogar teuer?

Also, warum?

Ich vermute, dass dieser Eisenkeil das Stirnholz des Schaftes abgedeckt hat und so das Eindringen von Wasser/Feuchtigkeit verhindert hat.

Als ich dann weiter recherchiert habe fanden sich einige dieser Funde an denen solche Konstruktionen verwendet wurden, es gab auch einige Streitkolbenköpfe, die nach oben hin verschlossen waren, hier könnte zusätzliches Gewicht die Motivation gewesen sein.

Und schon war ich mitten in der Frage, wie befestigt man denn nun Streitkolbenköpfe an einem Holz-Schaft?

Wieder mal zeigte sich, was in unserem Hobby so gerne passiert, man recherchiert und findet Antworten, die weitere Fragen aufwerfen. Das war auch der Grund für meine kleine Abhandlung.

Dann mal los, was ich gefunden habe und in Skizze:

  • Einfachste Montage durch nach oben breiter werdenden Holzschaft
  • Keilbefestigung in Holz und Eisen
  • Befestigung durch einseitigen Nagel oder durchgehenden „Stift“
  • Geklebt?
  • Kombination oben genannter Methoden

Bei der ersten Methode braucht man tatsächlich nur einen nach oben verdickten Holzstab, der Kopf wird aufgesteckt und hält einfach fest. Auch bei Werkzeugen wird/wurde das so gemacht, falls sich der Kopf löst, wird der Streitkolbenkopf nur festgeklopft, ein Überstand des Schafts ist nötig und findet sich bis ca. Mitte des 14. Jahrhunderts in Darstellungen.

Wie bereits oben beschrieben wird bei der zweiten Methode der Holz Schaft zur Aufnahme des Kopfes abgeschliffen/gefeilt und eingesägt.

Kreuzweise oder nur einfach (bedürfte noch einer Klärung durch Versuche).

Der Kopf wird aufgesetzt und mit Holz- bzw Metall-(Eisen) Keilen befestigt.

Quelle: finds.org.uk                Quelle: Ich                                                                       Einfachste Befestigungsmöglichkeit                                                                                                                                               an einem dicker werdenden Holzschaft

Quelle: Ich

 

  • Keilbefestigung bei einseitig geschlossener Tülle

Diese Befestigungsart macht Sinn bei einseitig verschlossener Tülle, wie es an einigen Funden zu sehen ist.

Allerdings wird hier der Schaft mit eingelegten Keilen(en) mit einem Hammer in den Streitkolbenkopf getrieben.

Da diese Befestigungsart, nicht per Fund, nachweisbar ist, muss es hier als hypothetisch angesehen werden, aber plausibel.

           

Quelle: Herman Historica                          Quelle: Ich

Alternative könnte auch eine Verklebung mit pflanzlichem Pech oder Harz gemacht worden sein, leider habe ich dafür keine Realien gefunden.

Streitkolbenköpfe mit einseitig geschlossener Tülle sind mit und ohne seitliche Bohrlöcher gefunden worden.

 

 

 

  • Befestigung mittels Nagels/Metallstift an der Tülle

Auch zu finden sind Streitkolbenköpfe, die (evtl. zusätzlich) zu Keilen mit Nägeln bzw. Metallstiften am Ende der Tülle (selten auch im Kopfbereich) befestigt wurden.

Es finden sich viele Funde mit Bohrungen ~3-5mm, auch mit Resten von Stahlnägeln oder Stiften, die zur Befestigung von Streitkolbenköpfen gedient haben.

Leider lässt sich hier nur vermuten, ob das die einzige Befestigung gewesen ist, oder ob das zusätzlich zu anderen Befestigungsmethoden verwendet wurde.

Bei der einseitigen Befestigung mit einem Nagel, habe ich meine Zweifel, ob das stabil genug wäre.

Quelle: Finds.org.uk (beide)

 

Bei dem rechten Fund wurde ein Nagel/Stift durch die gesamte Tülle gesteckt und auf der gegenüberliegenden Seite vernietet.

Quelle: Ich

  • Befestigung mit massivem Stahlkeil/Nagel

Es gibt auch Funde, bei denen im überlebenden Holzrest ein kegel- oder pyramidenförmiger Keil entdeckt wurde, ähnlich dem Holzkeil spreizt dieser den Holz-Schaft auf und befestigt so den Kopf am  Schaft.

Auch hier wurden Beispiele ohne, mit einer und mit zwei Befestigungsbohrungen an der Schafttülle gefunden.

 

  • Befestigung mit Eisen/Stahl Keil mit Krempe (Geschmiedeter Nagel)

Quelle: Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Bamberg

In dem oben gezeigten Beispiel sieht man einen eisernen (stählernen) Nagel, der den Streitkolben wie ein Keil am Schaft fixiert, die Krempe des Nagels verschloss das obere Tüllen-Ende vollständig

Bei diesem Fund ist nicht auszuschließen, ob noch ein zusätzliches Befestigungsloch am unteren Tüllen-Ende befunden haben kann, da ein Teil der Tülle ausgebrochen ist.

Frage wäre hier der Schutz des Holzes die Idee? War eben ein Nagel in passender Größe da, also wurde der genommen? Wurde er für dieses Gerät angefertigt?

Das würde ich gerne mit Euch diskutieren!

 

Quelle: finds.org.uk

Quelle: Ich

Im oben gezeigten Fall wurde ein vierkantiger Eisenstift oder Nagel (Rot markiert) von oben in das Griffholz getrieben, um den Kopf zu montieren, zusätzlich wurde in der Tülle ein Loch gebohrt, durch das ein Nagel oder Stift eingesetzt war.

Lässt sich in dem Fall leider nicht mehr klären, ob der große Metallstift eine Krempe hatte.

Roststellen am oberen Ende des Streitkolbenkopfes lassen es vermuten.

Leider sind durch Fundreinigung Hinweise oft schwer nachzuvollziehen.

 

 

  • Eisenköpfe

Einige Streitkolbenköpfe werden gegen Mitte/Ende 14. Jhd datiert.

Hier ein Beispiel:

Quelle: Hermann Historica

Das Tüllenloch ist konisch ausgeführt worden, eine Bohrung am Tüllenende gibt es nicht.

Hier gibt es die Möglichkeit, dass der Kopf auf den Schaft, gekeilt/genagelt wurde.

 

 

Wichtiger finde ich hier die markierten Rillen, die sich als Schweißfugen oder Lötstellen interpretieren lassen.

Hier mit zylindrischen Tüllenloch.

Quelle: Hermann Historica

So wurde aus dem „kleinen Projekt“ einen Streitkolben nach Fund zu bauen eine größere Recherche, die ich so nicht erwartet hatte.

Neben der Masse an unterschiedlichen Kupfer-Legierungen (Bronze und Messing) und Stahl kam die Frage nach einer authentischen Befestigung auf. 😊

Ich habe nicht mal groß geschaut, welches Holz Verwendung fand. Ich denke jedes gute harte Holz wäre hier nutzbar, also Esche, Buche oder evtl. auch Eiche.

Und wenn ich da auch so eine Vielfalt finde gibt es immer noch die Möglichkeit einen Streitkolben aus Kupferlegierung zu bauen, der direkt auf einen Metallgriff genietet wurde.

Quelle: finds.uk.org

Zu den Schaftformen, nur ein paar Quellen:

Quelle: (Links) 49622 The Gorleston Psalter

Christ Church MS 92 De Nobilitatibus, Sapientiis, et Prudentiis Regum (Rechts + Unten Links)

Quelle: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8454691k/f29.planchecontact

Es werden auch Streitkolben mit komplett geradem Stiel dargestellt, das wird eine weitere Recherche.

Offene Fragen blieben:

  • Verwendetes Holz ?
  • Form des Griffs?
    • Handschlaufe?
  • Legierungen?
  • Zusätzliche Verklebung?
  • Militärische oder zeremonielle Verwendung?

Nee, ich höre jetzt auf, sonst muss ich noch ein Buch schreiben, werde das hier gerne erweitern.

Kommendes Projekt, soweit ich es als authentisch benennen kann:

  • Streitkolbenkopf aus Kupferlegierung
    • Escheschaft mit eingearbeiteter Grifffläche, geölt
    • Befestigung des Kolbenkopf mit zentralem Keil-Nagel
    • Nach Fund
    • Datierung Mitte 14.Jahrhundert
    • Kurze Ausführung um 50 cm Gesamtlänge

Quellen:

  • Manuscript Miniatures
  • org.uk
  • Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Bamberg
  • The Wallace Collection
  • Herrmann Historica
  • The British Museum
  • Deutsche Historisches Archiv Köln
  • Medieval Copper-alloy Mace-heads from England, Scotland and Wales by A. Daubney
  • http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8454691k/f29.planchecontact
  • Christ Church MS 92 De Nobilitatibus, Sapientiis, et Prudentiis Regum
  • The Gorleston Psalter
  • Der Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern
  • ostfriesischelandschaft.de

Über Rumburaqc

57, Köln um 1350, Armbrustschütze

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